Es war einmal ein alter Garten, in dem ein mächtiger Apfelbaum stand. Der Baum trug jedes Jahr die prächtigsten Äpfel, und alle Tiere des Gartens verehrten ihn dafür.
Eines Tages kam eine Eule, die im Garten als besonders klug galt, zum Apfelbaum. „Deine Äpfel sind wunderbar“, sagte sie. „Doch wenn du willst, dass ich dich weiterhin beschütze, musst du mir die besten Früchte schenken.“ Der Baum, der niemanden bevorzugen wollte, schwieg.
Da erschien eine Elster, die sich im Garten als Wächterin der Ordnung verstand. Sie flog zum Baum und rief zur Eule: „Du hast kein Recht, seine Äpfel zu verlangen. Ich werde den Baum beschützen und dafür sorgen, dass niemand ihn ausnutzt!“
Die beiden Vögel begannen heftig miteinander zu streiten. Die Eule wollte den Baum für sich beanspruchen, während die Elster behauptete, ihn zu verteidigen. Der Apfelbaum wollte nur in Ruhe gedeihen, doch er konnte den Streit nicht schlichten.
Währenddessen kam ein alter, weiser Maulwurf vorbei, der unter der Erde lebte und von dem Tumult wenig hielt. „Warum streitet ihr über diesen Baum?“ fragte er die beiden Vögel. „Er braucht weder Schutz noch Forderungen. Ihr macht seine Wurzeln schwach und seinen Schatten klein. Weder die Eule noch die Elster haben ein Recht, ihn für sich zu beanspruchen – sein Wert liegt nicht in euren Zielen, sondern in seinem eigenen Dasein.“
Doch die Vögel hörten nicht auf den Maulwurf. Der Apfelbaum seufzte und sprach leise: „Ich kann nicht entscheiden, wer Recht hat. Aber ich weiß, dass beide Unrecht tun.“
Am Ende flog die Eule davon, weil sie keinen Apfel bekam, und die Elster zog sich zurück, weil ihr „Schutz“ nicht gebraucht wurde. Der Apfelbaum blieb allein zurück, dankbar für die Ruhe – aber auch traurig, dass sein Wert nur als Mittel zu anderen Zwecken gesehen wurde.