Die Kürbis-Krise im Schrebergarten

Frau Meier war stolz auf ihren Schrebergarten. Jedes Wochenende pflegte sie ihre Beete, sprach mit ihren Tomaten und schnitt ihre Hecken mit der Präzision eines Chirurgen. Doch dieses Jahr hatte sie etwas ganz Besonderes: einen prächtigen Riesenkürbis, der – davon war sie überzeugt – die Gartenshow des Vereins gewinnen würde. Niemand konnte ihr das Wasser reichen. Sie war die Kürbiskönigin. Bis Herr Schulte auftauchte.

Herr Schulte war ein Neuzugang im Schrebergartenverein, ein pensionierter Ingenieur, der seinen Garten mit einem Maßband und einer Excel-Tabelle plante. Seine Beete waren perfekt ausgerichtet, seine Karotten alle gleich groß, und zu allem Überfluss schien er auch noch ein Händchen für Kürbisse zu haben. Eines Tages, als Frau Meier zufällig an seinem Garten vorbeiging, sah sie ihn grinsend neben einem Kürbis stehen, der nicht nur groß war, sondern auch … orange leuchtete wie die Sonne selbst.

Frau Meier spürte, wie sich etwas in ihrem Inneren zusammenzog. War das … Eifersucht? Doch das konnte nicht sein! Sie war schließlich eine gestandene Frau, die sich nicht von einem Kürbis aus der Ruhe bringen ließ. Oder doch?

Die Resonanz der Kürbisse

Ab diesem Moment begann ein seltsames Resonanzfeld zwischen den beiden zu entstehen. Immer wenn Frau Meier an Herrn Schultes Garten vorbeiging, war ihr Blick magnetisch auf „den Kürbis“ fixiert. Herr Schulte bemerkte das natürlich und grüßte sie jedes Mal mit einem besonders breiten Lächeln, das sagte: „Schöner Kürbis, nicht wahr?“

Frau Meier konnte nachts kaum noch schlafen. Ihr eigener Kürbis wirkte plötzlich … langweilig. Nicht orange genug, nicht groß genug. Sie begann, ihn mit Komposttee zu düngen, ihm Mozart vorzuspielen und sogar jeden Abend leise mit ihm zu sprechen: „Du bist der Schönste, der Größte, der Beste!“

Doch trotz all ihrer Bemühungen hatte sie das Gefühl, dass ihr Kürbis nicht mithalten konnte. Und mit diesem Gefühl kam eine leise Stimme in ihrem Kopf: Warum reicht es nicht? Warum bin ich nicht gut genug?

Die Enthüllung der Muster

Eines Tages, während sie einen besonders zornigen Blick auf Herrn Schultes Garten warf, kam Frau Lehmann, die Vereinsvorsitzende, vorbei. Frau Lehmann hatte ein feines Gespür für Spannungen und fragte: „Frau Meier, was bedrückt Sie denn?“

Nach kurzem Zögern platzte es aus ihr heraus: „Dieser Schulte mit seinem Riesenkürbis! Er macht mich verrückt!“

Frau Lehmann lachte laut. „Ach, Frau Meier, wissen Sie, was das ist? Das ist nicht Herr Schulte, das ist Ihr eigener innerer Kürbis!“

„Mein was?“ fragte Frau Meier irritiert.

„Ihr innerer Kürbis“, erklärte Frau Lehmann. „Was Sie da spüren, ist weniger Herr Schulte als Ihr eigener Wunsch, perfekt zu sein. Sie glauben, dass Ihr Kürbis nicht gut genug ist – und das projizieren Sie auf ihn. Dabei hat Herr Schulte vermutlich keine Ahnung, was in Ihnen vorgeht.“

Die humorvolle Wendung

Diese Worte ließen Frau Meier nachdenklich werden. Sie beschloss, die Sache auf ihre Art zu lösen. Am nächsten Wochenende kam sie mit einem Kuchen in Herrn Schultes Garten. Der Kuchen war – natürlich – in Form eines Kürbisses.

„Herr Schulte“, sagte sie mit einem schelmischen Grinsen, „ich habe festgestellt, dass Konkurrenz im Schrebergarten nicht gesund ist. Also schlage ich vor, wir feiern einfach die Schönheit unserer Kürbisse gemeinsam. Ich habe Kuchen mitgebracht, und Sie bringen Ihren Kürbiswein.“

Herr Schulte lachte so laut, dass die Gartenzwerge zu wackeln begannen. „Einverstanden, Frau Meier. Aber ich sage Ihnen was: Ich habe ehrlich keine Ahnung, wie der Kürbis so groß wurde. Ich habe nur die Samen gesät und vergessen, ihn zu gießen. Wahrscheinlich liegt es am Boden.“

Frau Meier konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Na großartig. Und ich habe Mozart gespielt!“

Das Ende des Resonanzfelds

An diesem Nachmittag saßen sie gemeinsam im Garten, aßen Kuchen, tranken Wein und lachten über die Verrücktheit der Kürbiswelt. Frau Meier erkannte, dass ihr eigener Kürbis wunderbar war, so wie er war – und dass sie ihre Energie besser in das Genießen ihres Gartens stecken konnte, anstatt sich mit jemand anderem zu vergleichen.

Von da an war sie nicht mehr die Kürbiskönigin, sondern die Kürbiskuchen-Expertin des Vereins. Und wenn jemand fragte, wie sie es geschafft hatte, ihren Kürbis so besonders zu machen, sagte sie nur: „Ein bisschen Mozart – und viel Selbstironie.“

Moral der Geschichte

Eifersucht – ob im Schrebergarten oder anderswo – zeigt oft, dass wir mit uns selbst hadern. Doch manchmal reicht es, das Resonanzfeld humorvoll zu brechen, um zu erkennen: Der Kürbis des anderen ist auch nur ein Kürbis.