Betriebsblindheit – wenn das Ich sich selbst nicht sieht

Wie oft sehe ich nur das, was ich zu sehen gewohnt bin?
Betriebsblindheit entsteht dort, wo Bewusstsein schläft.
Dieser Text lädt dazu ein, das eigene Ich wie einen alten Laden zu betreten – und vielleicht ein Fenster zu öffnen.

Dieser Text entstand aus einer Beobachtung in meiner eigenen Praxis. Immer wieder erlebe ich, wie auch in mir selbst alte Gewohnheiten so selbstverständlich wirken, dass ich sie kaum bemerke – bis das Leben selbst mir einen Spiegel hinhält.

Man sagt, man wird betriebsblind, wenn man zu lange im eigenen Laden arbeitet.
Alles scheint vertraut, eingespielt, selbstverständlich.
Man kennt jeden Handgriff – und bemerkt doch nicht, dass der Staub auf den Regalen immer dicker wird.

Auch in uns selbst gibt es so einen Laden.
Er heißt Ich.
Darin arbeiten wir Tag für Tag – denken, fühlen, reagieren, urteilen, glauben.
Und je länger wir darin tätig sind, desto mehr halten wir unsere Sicht für die einzige Wirklichkeit.

Ich kenne das gut.
Es gibt Momente, da bin ich überzeugt, alles klar zu sehen – bis mir später auffällt, dass ich nur durch einen alten Filter geschaut habe.
Gerade wenn ich denke: Jetzt bin ich bewusst, ist das oft der Moment, in dem das Leben mir schmunzelnd zeigt, dass da noch ein blinder Fleck wartet.

Betriebsblindheit löst sich nicht durch mehr Wissen.
Sie löst sich, wenn Bewusstsein sich selbst anschaut.
Still.
Ohne Urteil.
Wenn das Licht der Aufmerksamkeit in eine Ecke fällt, die ich sonst meide, geschieht etwas:
Nicht ich verändere den Fleck – das Licht selbst verwandelt ihn.

Und manchmal braucht es Hilfe.
Ein Spiegel von außen.
Einen Menschen, der ehrlich ist, ohne mich zu bewerten.
Der mir zeigt, was ich selbst nicht sehe.
Solche Begegnungen können unbequem sein, manchmal sogar schmerzhaft –
aber sie sind Geschenke.
Leuchttürme, die meinen inneren Kurs korrigieren, wenn ich im Nebel stehe.

Bewusstheit bedeutet nicht, alles zu wissen.
Sie bedeutet, offen zu bleiben für das, was ich noch nicht sehe.
Vielleicht ist Betriebsblindheit gar kein Fehler,
sondern eine Einladung –
zur Begegnung mit dem Teil von mir,
der bisher im Dunkeln lag
und jetzt gesehen werden will.


Vielleicht magst du dir heute eine stille Minute nehmen:
Wo in deinem Leben reagierst du automatisch, ohne es zu bemerken?
Und was würde geschehen, wenn du – nur für einen Moment – einfach still hinschaust?